Was vernetztes, digitales Arbeiten im Alltag bedeutet

Spätestens der zweite Shut Down zwingt uns bei den Wiener Linien, unsere Zusammenarbeit auf völlig neue Beine zu stellen. Home Office und keine Möglichkeiten Dinge face to face „begreifen“ zu können, dazu die Notwendigkeiten eines 24/7 Betriebs:

  • schnelle Entscheidungen treffen
  • Auswirkungen abschätzen
  • Störungen beheben
  • Ersatzverkehr zeitgerecht abrufen und
  • den Fahrweg freizugeben ohne immer gleich vor Ort gehen zu können.

Bei den Wiener Linien haben wir traditionell eine Kultur des operativen Zugangs, des sich ein Bild machen und der Besprechungen mit vielen Beteiligten, um möglichst keine wichtigen Informationen zu übersehen, um eine breite Umfeldanalyse zu gewährleisten. Kann man das im New Work beibehalten? Meine letzten Erfahrungen deuten darauf hin, dass die digitale Transformation genau das ermöglicht, in dem sie sehr große Netzwerke bilden und durch gute Tools und striktes Datenmanagement unterstützen kann.

Die Dinge ändern sich nämlich rasch!

Die Geschwindigkeit der Veränderungen ist mittlerweile enorm. Personalstãrke und Budget können nicht mehr adäquat mit den aktuellen Anforderungen und Mengengerüsten wachsen. Wir müssen uns also für den nächsten Performance Sprung rüsten.

MS-Teams z. B. funktioniert im Home Office gut und zuverlässig, ist einfach zu bedienen. Auch das Teilen von Dateien, die Chats zur Besprechung und gemeinsame Speicherorte in der Cloud (One drive) erlauben auch ungeübten Mitarbeiterinnen das Arbeiten auf hohem Niveau. Das ist aber nur eine, wenn auch gute, Abbildung des Status quo über Video-Konferenzen. Es erspart Zeit, weil wir nicht reisen müssen und Daten einfach finden können. Das ist aber für den nächsten Performance Sprung zu wenig. Es braucht echte Vernetzung.

Zukunftsfähiger Arbeiten ist vernetztes Arbeiten!

Inga Höltmann, Gründerin der Digital Leadership Academy, bringt es in einem Interview auf den Punkt: „Digitalisierung und Transformation sind im Kern Kommunikationsprozesse„. Was aber meint sie damit genau? Auf den ersten Blick skizziert sie nämlich ein Paradoxon, das nach more of the same aussieht:

Inga Höltmann, Accelerate Academy.
Kulturwandel, New Work, Leadership. Foto Credit: Axel Kuhlmann

Ich bin fest davon überzeugt, dass die einzig zielführende Antwort auf die zunehmende Komplexität rund um die Unternehmen herum ist, ihre innere Komplexität zu erhöhen.“

Davon bin ich auch überzeugt. In der Management Literatur wird das fallweise als „Law of Requisite Variety“ von W. Ross Ashby angesprochen. Damit ist gemeint, dass man ein System, also z.B. ein Unternehmen, nur stabilisieren oder steuern kann, wenn die angewandten Steuerungs- und Lösungsmechnaismen mindestens so komplex sind wie das System selbst. Bei Inga Höltmann liest sich das so:

Ein wesentlicher Punkt dafür ist, komplexer zu kommunizieren. Und damit meine ich nicht, noch mehr zu kommunizieren oder noch mehr Leute bei E-Mail-Kaskaden in CC zu setzen, sondern transparenter zu sein, Informationen zugänglich zu machen und Eigenverantwortung zu fördern

Vernetztes Arbeiten ist viel mehr als zusammen plaudern…

Bei den Wiener Linien haben wir schon die Zeit vor dem ersten Lockdown für eine intensive Vorbereitung von vernetzte Arbeiten genutzt. Dabei haben wir gezielt Schritte gesetzt, die der neuen Normalität Rechnung zollen. Inga Höltmann beschreibt diese so:

Zeiten, in denen wir einen Wissenskanon definieren konnten, sind lange vorbei. Auch die Halbwertszeit von sinnvoll aufgesetzten Prozessen nimmt ab. Gleichzeitig wird alles immer unwägbarer und komplexer.“

Wissen entsteht aus Informationen, diese aus Daten

Wir haben daher erstmal unsere Daten im Griff, anders funktioniert echtzeitbasiertes und sicheres Arbeiten nicht. Data Excellence ist der Rahmen in dem wir – gemeinsam mit der Stadt Wien und den Wiener Stadtwerken die Themen Data Gouvernance, Qualitätsmanagement und Data Enterprise Management vorantreiben.

Data Excellence Vision: Verlässliche Daten für die Stadt

Damit legen wir den Grundstein, dass Daten und Informationen allen bekannt sind und diese bezüglich Ihres Nutzens bewertbar werden. Das ist deswegen wichtig, weil Prozese nicht nur kurzlebiger werden, sondern auch weil sie gemeinsam und kollaborativ entstehen. Jede Beteiligte muss dafür wissen, welche Daten zur Verfügung stehen. Das gewährleistet Data Excellence.

Prozesse entstehen dynamisch und nicht beim Senior Process Manager…

Wir erarbeiten Prozesse gemeinsam und dynamisch. Dabei setzen wir auf Kollaborationstools, die Zusammenarbeit und das Sichtbarmachen von Abläufen und Fortschritten wesentlich stärken. Das Whiteboard vom MS taugt für Gruppen und Moderation nicht wirklich. Mit Mural habe ich anlässlich eines Strategieworkshops mit 30 Führungskräften, über Teams, gerade eben sehr vielversprechende Erfahrungen gemacht.

Mural ist nicht nur eine vollwertige Workshopumgebung, die erarbeiteten Ergebnisse stehen jederzeit allen Teilnehmern und nachher allen Mitarbeiterinnen zur Verfügung. Milestones sind sofort in der Prozess Arbeit als verbindlich gesetzt.
Mit Miro erarbeiten wir derzeit einen übergreifenden Prozess für die Planung und Errichtung von Strassenbahnlinien. Ebenfalls rund 30 Teilnehmer, vom Bereich Leiter bis zur Betriebreferentin haben unter Anleitung des fachlich zuständigen Betriebsleiter Büros in einer zweistündigen Sitzung über MS-TEAMS den Ablauf weitgehend skizziert. Offene Tasks bleiben im Coworkingspace und werden dort erarbeitet. Alle Unterlagen sind in der Cloud. Weitere Arbeitsgruppen werden als MS-TEAMS Kanäle eingerichtet. Diese können andere Arbeitsgruppen über Hashtags und @ einbinden.

Ich bin in meinem Beitrag zur Netzwerkorganisation schon drauf eingegangen, dass es die besten Tools und eine neue Unternehmenskultur braucht, die den Prinzipien der aufkommenden dezentralen Gesellschaft – vernetzt – geteilt – dezentral, entspricht.

Jeder ist mit jedem vernetzt

Das wäre schon radikal genug. Es heißt nämlich im nächsten Schritt, dass Mitarbeiter, Kunden UND Konkurrenten in ein intelligent designetes Wissens-Netzwerk eingewoben werden müssen, wo sie auch kooperieren können. Wie das geht zeigt derzeit der Baumanager Hubert Rhomberg, mit dem wir unter anderem auch intensiv zusammenarbeiten, um den nächsten Produktivitätsprung zu schaffen.

Meine Erfahrungen der letzten Zeit zeigen aber, dass es nicht sosehr auf die Tools an sich sondern auf das Zusammenspiel der Tools (Architektur) ankommt, wenn es um Wirksamkeit geht. Deswegen forcieren wir eine agile Daten-Infrastruktur. Rechnungen und Dokumente die – wo immer sie liegen – über ELO – ECM in Abläufe und Archive eingebunden werden.

Mit der Enterprise-Content-Management (ECM) Software ELO digitalisieren wir unsere Abläufe in Beschaffung, Postwesen und Dokumentenmanagement,

Infrastruktur Daten, die über unser Infrastruktur Datenbanksystem (ISDB) und das CAFM verwaltet und auch dezentral und mobilgenutzt werden. Mehrere Tausend Mitarbeiterinnen pflegen Messdaten ein, erledigen Inspektionen, laden Pläne hoch oder Budgetieren ihre Anlagen bevor diese konsolidiert ins SAP gehen.

Durchgehende digitale Prozesse sind in der Instandhaltung unabdinglich. BIM wird auf den ersten Schritten aufbauen und ist ebenfalls ein Kommunikationsprojekt, ein Schritt in Richtung Transparenz und Vertrauen. New Work.

Die Rolle einer guten It-Architektur

Die Abläufe ändern sich wie gesagt schnell, die Tools fallweise auch. Es brauchst also eine exzellente und agile Architektur, die auch sicher ist. Schließlich signieren wir Dokumente über das Netz, planen kritische Infrastruktur oder geben die Personalabrechnung für 1300 Personen frei.

Und das alles mit dem Smart Phone oder dem federleichten Surface. In welcher coolen Zeit leben wir eigentlich? Fragen wir ein letztes Mal Inga Höltmann:

New Work ist für mich eine riesige Chance, die dieser Prozess mitbringt: Endlich wieder die Rückkehr zum Menschen und zu seinen Bedürfnissen. Das ist es, was diesen Prozess erst so richtig nachhaltig macht. Denn es geht ja um nichts weniger als eine ganze neue Wirtschaft, die wir da aufbauen. Deshalb ist New Work für mich auch mehr als eine Mode oder eine nett daherkommende Effizienzsteigerungsmaßnahme. Sie sollte die Zukunft unserer Wirtschaft sein.

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