Große Veränderungen bringen große Chancen – aber auch Unsicherheit. Bei Infrago stehen wir vor einem wichtigen Umbruch, der unser Unternehmen und unsere Arbeitsweise nachhaltig prägen wird. Doch wenn sich Strukturen ändern, reagieren Teams oft mit Skepsis oder Widerstand. Mein Team ist da nicht anders. Das ist ganz natürlich: Menschen fürchten das Unbekannte und sorgen sich um ihre Rolle in der Zukunft.
Die entscheidende Frage ist also: Wie können wir, kann ich, diesen Wandel so gestalten, dass er nicht nur akzeptiert, sondern aktiv mitgestaltet wird? Wie nehmen wir, nehme ich, unser/mein Team mit, schaffen Vertrauen und machen aus Widerstand neue Energie? In diesem Blog schauen wir uns an, wie ich als Führungskraft oder Projektverantwortlicher Veränderungsprozesse erfolgreich begleite – mit klarem Blick, Empathie und einer Strategie, die Menschen überzeugt. In den nächsten Blogs, gebe ich einen Werkstattblick in den Alltag.
Widerstand ist nämlich normal – aber oft ein Signal für echte Probleme
Veränderungen stoßen oft auf Widerstand. Das ist nicht nur normal, sondern manchmal sogar notwendig. Doch allzu oft wird dieser Widerstand aus meiner Sicht als irrational abgetan – als mangelndes Verständnis, als Angst vor Neuem oder als Beharrlichkeit auf alten Gewohnheiten. Viele Change-Management-Ansätze setzen genau hier an: Man müsse Menschen nur „aufklären“ und sie entlang einer Change-Kurve führen, damit sie die Veränderung akzeptieren.
Aber was, wenn Widerstand nicht das Problem ist, sondern ein Hinweis darauf, dass etwas nicht stimmt? Vielleicht passt der Zeitpunkt nicht. Vielleicht sind die Ziele unklar. Oder vielleicht werden diejenigen, die es betrifft, einfach nicht ausreichend einbezogen. In stressigen Zeiten, in denen ohnehin schon viele Herausforderungen parallel laufen, lohnt sich eine einfache, aber entscheidende Frage:
Sind wir überhaupt bereit, über Neues zu reden? Und ich stelle sie, jeden Tag wieder.
In unserem laufenden Leuchtturmprojekt „Baustellenausfälle reduzieren“ bei der DB InfraGO haben wir genau das erlebt. Das Betriebsteam, unsere Auftragnehmer und mein eigenes Team haben sich der Frage gestellt – und mit einem klaren „Ja“ geantwortet. Doch dabei kam etwas Erstaunliches heraus: Es ging gar nicht nur um neue Maßnahmen, sondern um viele Baustellen, die längst aufgeräumt gehören.
Und genau hier liegt die eigentliche Herausforderung: Veränderung kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie echte Probleme löst – und nicht nur zusätzliche Arbeit verursacht. Doch wie gelingt das in einem laufenden Betrieb, in dem der Druck ohnehin schon hoch ist?
Lass uns darüber sprechen, warum Widerstand wertvoll ist, wie wir ihn produktiv nutzen und was es wirklich braucht, um die Bahninfrastruktur voranzubringen.
Mein Team und ich arbeiten erstmal in einem klaren Rahmen.
Die 3-S-Strategie: Veränderung mit Plan statt Chaos
Veränderung im laufenden Betrieb ist nämlich eine besondere Herausforderung. In der Bahn-Infrastruktur bedeutet das für uns: Sanieren, während der Zugverkehr weiterläuft. Es geht uns nicht darum, möglichst viele Maßnahmen auf einmal umzusetzen, sondern darum, sie intelligent zu bündeln und effizient durchzuführen. Genau das steckt nämlich hinter der 3-S-Strategie der DB InfraGO:
1. Bauen im Container – Sanieren während Sperrpausen
Jede Sperrpause ist kostbar. Statt einzelne Maßnahmen über Monate zu verteilen, setzen wir gezielte Sanierungen in kompakten Zeitfenstern um. Das heißt: hochkonzentrierte Bautätigkeit, maximale Effizienz, minimaler Eingriff in den Betrieb.
2. Planen mit Grips – Großprojekte clever bündeln
Warum immer nur kleine Schritte machen, wenn man einen großen Sprung schaffen kann? Statt kleinteiliger Einzelmaßnahmen setzen wir auf intelligentes Bündeln. Das bedeutet: Arbeiten werden so geplant, dass sie in einem Durchgang erledigt werden – das spart Zeit, Geld und Nerven.
3. Fokus auf starke Achsen – Hochverfügbarkeit als Ziel
Wir priorisieren dort, wo es wirklich zählt:
• Köln–Rhein-Main: Modernisierung für mehr Geschwindigkeit und Kapazität.
• LZB-Strecken für 300 km/h: Technische Upgrades für Hochgeschwindigkeitsverbindungen.
• Sanierung von Stellwerken und Knotenpunkten: Weniger Störungen, bessere Steuerung.
• Brücken und Tunnel: Fast 1000 Sanierungsprojekte stehen an – gezielt und strukturiert umgesetzt.
Dieses Vorgehen bedeutet nicht nur mehr Effizienz, sondern auch weniger Chaos für den Bahnbetrieb. Denn klar ist: Jeder Baustellen-Stillstand kostet Zeit, Geld – und vor allem das Vertrauen der Fahrgäste.
Doch selbst die beste Strategie stößt an Grenzen, wenn die Mittel fehlen. Deshalb braucht es nicht nur kluge Planung, sondern auch langfristige Investitionen. Und genau hier kommt das Sondervermögen Infrastruktur ins Spiel.
Warum wir mehr brauchen als nur gute Strategien: Das Sondervermögen Infrastruktur
Strategien wie die 3-S-Strategie machen die Instandhaltung der Bahn effizienter. Aber sie lösen nicht das größte Problem: den riesigen Investitionsstau. Jahrzehntelange Unterfinanzierung hat dazu geführt, dass wir an vielen Stellen nur noch reparieren können, anstatt grundlegend zu modernisieren.
Nirgendwo wird das deutlicher als am Frankfurter Hauptbahnhof – einem der am stärksten frequentierten Bahnhöfe der Welt:
• 150 Millionen Fahrgäste pro Jahr – mehr als an jedem Flughafen der Welt, selbst in Atlanta (100 Mio.).
• 3.600 Zugbewegungen täglich – Millimeterarbeit auf engstem Raum.
• Arbeiten unter extremem Zeitdruck – Wartung findet fast ausschließlich nachts statt, zwischen dem letzten und dem ersten Zug.
Unsere Teams draußen kämpfen jede Nacht gegen den Verschleiß einer Infrastruktur, die längst überholt ist. Sie tauschen Weichenzungen, reparieren Oberleitungen, prüfen Signaltechnik – mit Hightech, Präzision und einer klaren Mission: Der Verkehr muss rollen.
Aber das ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Ohne massive Investitionen wird es immer schwieriger, das System stabil zu halten, geschweige denn, es für die Zukunft fit zu machen. Deshalb brauchen wir das Sondervermögen Infrastruktur – 500 Milliarden Euro, nicht als Luxus, sondern als Notwendigkeit.
Denn Stillstand ist keine Option. Wir wollen mehr Menschen auf die Schiene bringen – und das geht nur mit einer Infrastruktur, die leistungsfähig, modern und zuverlässig ist.
Auf welche Widerstände stoßen meine Führungskräfte und ich und auf welche Erfolgsfaktoren setzen wir im Alltag? In meinem nächsten Beitrag gebe ich einen Blick in die Werkstatt. Bleiben Sie dran!
