Ist Digitalisierung alternativenlos? Gute Frage. Immer wieder kommt sie von Führungskräften. Diese stellen damit in den Raum, man könne sich aussuchen ob man Digitalisierung einführen will oder nicht. Ich meine: Nein!
Welche Rolle hat aber dann die CEO, wenn doch Digitalisierung vom CIO, CTO, CDO und vom CFO angefeuert wird?
Nicht das ob sondern das wie ist Teil der Entscheidung. Man hat sich auch nicht für oder gegen das Telefon oder das Automobil entschieden.
Gedanken über Zukunftsmodelle sind daher oft wichtiger als aktuell eingesetzte Technologien. Die Digitalisierung ist ja Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck.

Es geht um die Veränderung der Prozesse, Geschäftsfelder, Produkte, Werthaltungen, Modelle und Produktionswege aller Mitbewerber und Kunden. Die dabei entstehenden Veränderungen verantwortet letztlich der CEO, die Brückenbauerin zwischen Unternehmen, Kunden und Gesellschaft.
Hinweis: Die Veränderungen der Geschäftswelt haben nämlich ihre Ursache in der Digitalisierung unseres Lebens. Das zwingt den CEO zu Veränderungen auf allen Ebenen: einer Transformation.
Was bedeutet Transformation?
Dabei werden zwecks Performancesteigerung digitale Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt, indem Unternehmensprozesse, Kundenerlebnisse und Geschäftsmodelle transformiert bzw. weiterentwickelt werden.
Welche Rolle spielt dabei das Menschliche?
Die Transformation des Unternehmens muss vor allem Wege aufzeigen, wie das Unternehmen trotz zunehmender Vernetzung und explodierender Informationsmengen handlung- und entscheidungsfähig bleibt und nicht nur getrieben ist.
In der Natur funktioniert das durch feedbackbasierte Systeme, also Regelkreise.
Gute und stabile IT-Systeme bzw. -Architekturen und effiziente Algorithmen erzeugen genau diese Regelkreise. Ihre Stärken liegen in der schnellen Abarbeitung sequentieller und logischer Fragestellungen.
Das Denken in Kontexten, das Aufbauen und Leben von Beziehungen und das Erwerben und Teilen von Wissen ist und bleibt eine rein menschliche Stärke.
Der Neuro-Wissenschafter Henning Beck bringt es in einem Interview auf den Punkt.
Für uns ist es weniger wichtig, ob eine Handlung vollständig berechenbar ist. Denn um eine Entscheidung zu treffen, spielt etwas anderes eine viel wichtigere Rolle: Wir kalkulieren die Unsicherheit, den ungewissen Ausgang mit ein und handeln trotzdem. Nur deswegen sind wir in der Lage, etwas wirklich Neues zu schaffen. Im Grunde genommen treffen Computer also niemals eine Entscheidung, denn das wesentliche Merkmal einer Entscheidung fehlt: die Verantwortung.
Welche Rolle nimmt die CEO dabei ein?
Sie muss mit ihrer C-Truppe stabile Rückkoppelungen in die Umwelt und die Gesellschaft aufbauen, die über die bekannten Nachhaltigkeitsbekenntnisse hinausgehen und durch harte Daten evaluiert und gesteuert werden können. Heute wird dies oft über ein jährliches Audit sichergestellt. Das ist aber künftig nicht ausreichend, Echtzeit, Evaluierung der eigenen Entscheidung durch die Mitarbeiter und hartes Kundenfeedback ist angesagt.
Aufgabe des CIO und des CDO ist es dabei die bestehenden Prozesse nicht einfach nur zu digitalisieren, sondern auf das informelle Schließen der Prozesse im Unternehmen und mit der Unternehmens-Umwelt zu achten. Das nennt man dann üblicherweise Workflows.
Wie gestaltet man Digitalisierung?
Die Frage ist eigentlich falsch gestellt, weil sie suggeriert, dass Digitalisierung ein zu bewältigendes klares Anforderungstofil hat, was nicht stimmt. Viel wichtiger ist die Frage: wie gestaltet und entwickelt man vitale Unternehmen?
Am Beginn stehen im Business immer noch Vision/Mission und Ziel und ein unabänderliches Kundenbedürfnis beim Unternehmen bzw. einen Zweck der Organisation. Also der Reihe nach.
Es braucht auch in der Digitalisierung Führungskräfte die für Vision und Ziele sorgen und die wesentliche Entscheidungen treffen.
So wie es schon immer war. Kein digitales System, kein Foresight Tool und keine künstliche Intelligenz können das leisten. Die Unternehmen sind Teil der Gesellschaft und tragen für sie auch Verantwortung. Wenn wir Digitalisierung nicht als Teil unserer Nachhaltigkeitsüberlegungen begreifen, wird das Leben sehr ungemütlich.
Was geht schon? Lernen von den ersten!
Schaun wir uns Mal einen ganz großen Traditionskonzern, z.B. Daimler an, wie der das mit der Digitalisierung macht.
Daimler möchte bis 2020 in allen vier CASE Zukunftsfeldern führend sein.Vier wesentliche Technologie-Bereiche in denen Daimler künftig Weltklasse sein will. Das ist ein Ziel. Einfach, quantifizier- und meßbar. Vor allem baut es auf einem stabilen Kundenbedürfnis auf. In der Daimler Strategie liest sich das so:
Mobilität wird sich in Zukunft fundamental verändern. Unsere Fahrzeuge werden zunehmend vernetzt, elektrisch und autonom. Gleichzeitig lösen wir uns immer mehr von starren Besitzmodellen.
Daimler, Unsere Strategie
Die Ziele kümmern sich um stabile Kundenbedürfnisse, die noch dazu stark emotional abgesichert sind: Autofahren und Fahrvergnügen, Freiheit auf Rädern. Neudeutsch: Mobilität, von mir aus auch as a Service also MaaS).Daimlers Mobility as a Service (MaaS) Konzept. Die Vision dahinter ist einfach, kraftvoll und spornt an. Wer will schliesslich nicht noch einmal Weltmeister werden.
„Als Erfinder des Automobils wollen wir auch bei dessen Neuerfindung führend sein.“
Diese Vision, die kraftvolle Entscheidung der beste am Markt sein zu wollen wird heute aber nicht mehr aus dem Bauch getroffen.
Sie wird auch nicht alleine auf Basis von Kundendaten und demographischen Entwicklungen getroffen. Sie umfasst mehr.
Sie umfasst vor allem die Abschätzung, in wie fern bestehende und kommende Techologien das eigene Business temporär absichern und zugleich eine rasche Wandlung und Erweiterung etwa vom Autohersteller zum vernetzten Endfertiger (Supply Chain) zum integrierten Mobilitätsanbieter (As a Service-Ansatz) ermöglichen.
Das ist es übrigens was mit Agilität gemeint ist.
Schritte zum Erfolg:
Damit verändert sich für den CEO die Perspektive.
- Die technische Brillanz des reinen Herstellers hat er zuerst um die Fähigkeit erweitert sich auf Kernkompetenzen zurückzuziehen und alles andere in die Sphäre der Supply Chain und der Qualitätssicherung zu verschieben.
- Der nächste Schritt bestand darin eine emotional besetzte technische Lösung wie ein elektrisches, autonomes Auto als Träger der Vision zu etablieren und rund um die bestehende total effiziente Supplychain Mobilität als neues Produkt zu lancieren. Neu heißt, „Nutzen statt besitzen“, ein Ansatz der ebenso alt ist wie Digitalisierung. HappyMag bietet zum Beispiel bereits seit 1963 Ferien-Wohnrechte auf Aktienbasis an. In dieser Phase wurde bereits digital gearbeitet. Jedoch nur schwach vernetzt und meistens mit inkonsistenten Daten, die keine Steuerung der gesamten Supply Chain in Echtzeit zuließen. Damit war auch Agilität nicht machbar.
- Die Art und Weise wie nun heute Entscheidungen begründet werden ist – wie das Beispiel Daimler zeigt – durch die Digitalisierung völlig anders als früher.
Märkte werden nicht mehr zum Produkt geschaffen wie einst der Straßenbau den Markt für Autos schuf.
Daimlers Integrierte Mobilität setzt auf bereits veränderte Konsumgewohnheiten (Amazon, Google Play Store oder Netflix) und überträgt sie nur mehr auf den MobilitätsSektor.
Der CEO als Entscheidet und Navigator muss hier nur beurteilen ob sein Konzern über die technische Reife, die Fähigkeit zur Integration bestehender Lösungen und die notwendige Vernetzung nach außen samt laufender Wandlungsfähig- und Anpassungsfähigkeit (Agilität) verfügt.
Was und wen braucht die CEO dabei?
Für diese Beurteilung und die folgende Undetzung braucht er den CIO und den CDO. Der Herr im Haus bleibt sie. Nach dem CFO, dem CTO oder dem CSO erweitert er seine Berater um eine neue Rolle. Ihre Aufgabe ist das Denken in geschlossenen und vernetzten Datenprozessen über den Lebenszyklus.
Die Art und Weise der Zusammenarbeit und der Wissensgenerierung muss dann auch vollständig anders werden. Das stellt eine enorme Herausforderung für den CEO und die zweite Führungsebene dar, weil es einen weitgehenden Verzicht auf formale Hierarchie und sehr gute Prozess-, Coaching- und Mentorenfähigkeiten braucht.
2 Antworten zu „Die Herrin im digitalen Haus.”.
[…] relevante Frage ist also wie man die Aufgaben seiner MitarbeiterInnen und die Beziehungen zueinander im Rahmen der nun digitalen und vernetzten Organisation so festlegt, dass die Beiträge zu den […]
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[…] künftig bauen muss, Netzwerkorganisation, Kommunikation und digitale Tools. Eine Gesamtschau, Die Herrin im digitalen Haus eingegangen. Die Frage des Nutzens neuer Technologien habe ich in Digitalisierung von […]
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