Was Sicherheitsorganisationen in der Krise wirklich stabilisiert.

Ich habe viele Krisen erlebt. In großen Netzen, mit viel Öffentlichkeit, knappen Ressourcen und realer Haftung. Und ich habe eines gelernt: Wenn es ernst wird, greifen Organisationen fast immer reflexhaft nach „mehr rechts“. Mehr Regeln. Mehr Kontrolle. Mehr Nachweise. Das fühlt sich sicher an – ist es aber oft nicht.

Was meine ich mit rechts, Mitte und links?

Rechts ist Ordnung: Regeln, Weisungen, Audits, Compliance. Unverzichtbar.

Die Mitte ist Führung: entscheiden, priorisieren, Verantwortung übernehmen.

Links ist Lernen: Können aufbauen, Erfahrungen nutzen, besser werden.

Alle drei braucht es. Aber im Druck schaltet das System um – auf rechts.

Warum? Weil es schnell geht. Weil es schützt. Weil man es vorzeigen kann.

Eine neue Regel ist einfacher als eine harte Entscheidung.

Ein Bericht ist einfacher als echte Priorisierung.

Eine Kontrolle ist einfacher als Lernen.

Ich habe das oft gesehen: Nach einem Vorfall wird der Prozess „nachgeschärft“. Drei neue Pflichtfelder, zwei zusätzliche Freigaben. Formal sauber. Operativ? Melden dauert länger, Entscheidungen rutschen nach hinten, Risiken werden leiser. Nicht weg – nur unsichtbar.

Baustellen im Vollbahnbereich sind hochkomplexe Operationen unter dem laufenden Rat, oder in extrem kurzen Sperrpausen wie hier am Vorkoof des Frankfurter Hauptbahnhof.

Oder Baustellenplanung: Ressourcen fehlen. Statt klar zu sagen „das machen wir, das nicht“, wird alles hochgezogen. Jede Maßnahme kritisch, jede Frist rot. Die Mitte fehlt. Am Ende kippt genau das, was man absichern wollte. Und dann folgt wieder: mehr rechts.

Oder Führung im Wandel: neue Strukturen, neue Ebenen. Statt Orientierung zu geben, wird Reporting verdichtet. Zahlen steigen, Klarheit sinkt. Die Organisation wirkt beschäftigt – aber nicht wirksam.

Ich habe gelernt: Sicherheit entsteht nicht im Regelwerk. Sie entsteht im Alltag.

Dort, wo Menschen unter Druck entscheiden müssen. Dort, wo Abweichungen auftreten. Dort, wo Erfahrung zählt.

Deshalb braucht es die Mitte. Führung, die sagt: Das sind die drei Prioritäten. Alles andere wartet. Ja, das Risiko ist benannt – und bewusst entschieden.

Und es braucht links. Nicht als Wohlfühlprogramm, sondern als harte Sicherheitsarbeit: Können aufbauen, Muster erkennen, aus echten Fällen lernen. Ein Team, das offen sagt, wo es hakt, ist sicherer als jedes zusätzliche Formular.

Ich bin kein Gegner von Regeln. Im Gegenteil. Aber ich weiß aus Erfahrung: Wer nur rechts führt, bekommt formale Sicherheit und operative Instabilität. Das System wirkt robust – bis es überrascht.

Was ist also zu tun? Balance.

– Rechts klar und schlank.

– Mitte entscheidungsstark.

– Links lernfähig.

Call to Action:

Schau dir die letzte Eskalation in deinem Bereich an. Frag dich ehrlich:

Haben wir das Problem mit „mehr rechts“ zugedeckt – oder hätten wir entscheiden müssen? Hätten wir etwas lernen müssen?

Wenn du den Mut hast, das zu beantworten, führst du nicht nur korrekt. Du führst wirksam.

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