Predictive Maintenance, wie wir Fahrweg und Fahrzeug zusammenbringen wollen

Predictive Maintenance ist die neue Killerapplication. Um zu Aussagen zu kommen müssen aber erhebliche Vorleistungen erfolgen. Was will ich als Anlagenbetreiber aber ganz genau wissen? Zunächst wie der Zustand meiner Infrastruktur ist und dann welches Fahrzeug wo fährt und wo es wie performt.

Fahrzeugortung auf der Schiene ist einfach und schwer zugleich. Einfach, weil es ja nur zwei Freiheitsgrade gibt, schwer, weil ich Daten zu Ort, Geschwindigkeit und jeweiliger Krümung nur mit sehr viel Mathematik und Statistik genau genau zusammenbringe.

Damit das möglich wird haben wir bei den Wiener Linien eine Reihe von Projekten und Umsetzungen durchgeführt.

Ich möchte kurz die Ergebnisse darstellen und das neueste Projekt Rail Vehicle Localisation vorstellen.

Ziel aller Massbahmen ist es Fahrweg und Fahrzeug in einem sehr guten predictive Maintenance Modell zusammenzubringen.

Für uns ist das wichtig, weil wir ein integrierter Betreiber sind und Kostenoptima gemeinsam realisieren können. Welche Schritte sind wir da gegangen.

Daten im Netz zuordnen, Krümmungsbasierte Verortung

2003 haben wir zwei Gleismesswagen in Betrieb genommen. Dabei wurde schnell klar, dass die Verortung der Messdaten das zentrale Problem der Zukunft ist, an dem alle weiteren Schritte bis zu predictive Maintenance hängen.

Dazu haben wir uns damals einen extrem innovativen und Methoden starken Partner Gesucht: Das Austrian Institute of Technology (AIT) . Ziel war es eine Verortungsmethode zu finden, die keine Sensoren braucht.

Von 2003 bis 2007 wurde mit den Projekten Cubal (Krümmungsbasierte Verortung) und NetScan (Erzeugung von Referenznetzen aus Gleis Messdaten) der Grundstein für ein modernes Daten- und Asset Management gelegt.

Auf diesen beiden Tools bauen fast alle Anwendungen, auch unser GIS-ASSET System auf.

Die Verortung lässt sich auf alle Meß- und Sensorwerte ausweiten. Hier eine Verortete Messung des Stromschienenverschleißes, der über hinterlegte Algorithmen (Verschleißgesetze) in einen jährlichen Tauschbedarf umgerechnet wurde (Stand 2016).

Ein integrierter predictive Maintenance Ansatz von Fahrweg und Fahrzeug braucht nun Kenntnis über Ort und Geschwindigkeit des Fahrzeugs.

Fahrzeuge im Netz zuordnen, Rail Shock Recording

Alexander Litzellachner ist einer meiner Mitarbeiter für dynamische Innovation. In seiner Masterarbeit hat er für die Wiener Linien gezeigt, dass man mit geeigneten statistischen Verfahren oder etwa der SCARM.filter Funktion in R die Geschwindigkeit des Fahrzeugs geschätzt und mittels Sensor Fusion der zurückgelegte Pfad mit seiner Krümmung rekonstruiert werden kann. Auf gut Deutsch: Man zeichnet den Gleisgraphen quasi rückwärts.

Die Erhebung von Gleiszustand und Fahrgastkomfort mittels Smartphonesensoren (Rail Shock Recording). Ein vom VCÖ ausgezeichnetes vorbildhaftes Mobilitätsprojekt. Bilder aus der Masterarbeit von Alexander Litzellachner. Das Gyroskop (Kreisel) des Smart Phone (links) ist der zentrale Faktor der Auswertungen um ein Fahrzeug im Gleis Netz verorten und verfolgen zu können. Acht Handies wurden dafür im Fahrzeug angebracht und ausgewertet (Grafiken rechts)

Derzeit arbeitet Alex mit dem AIT und Smart Motors Barcelona an „Rail Vehicle Localisation“. Dabei sollen alle möglichen Sensoren und Inputs wie GNSS, GSM, Bluetooth /WLAN usw. Für die Verortung des Fahrzeugs genutzt werden.

Field test und Telco mit Smart Motors, Alex heute Nachmittag (26. 01. 2021)

Der nächste Schritt wird darin bestehen Fahrzeug und Fahrweg in den Zustandsentwicklungen und den Prognosen dynamisch zu verknüpfen. Dazu mehr im nächsten Blog.

Eine Antwort zu „Predictive Maintenance, wie wir Fahrweg und Fahrzeug zusammenbringen wollen”.

  1. Sehr geehrter Herr Ossberger, ich habe Ihren Artikel mit Interesse gelesen und finde die Ansätze sehr verheißungsvoll. Des Ansatz der Fahrwegüberwachung haben wir als Hersteller von elastischen Elementen im Oberbau auch schon im Visier. Wir hatten in 2018 ein Projekt bei welchem wir Basisprofile der Rillenschienenisolation mit Sensorfasern direkt bei der Extrusion der selben eingearbeitet haben. Nach der Kopplung der Fasern war es uns möglich ein Spektrum für jede Überfahr und Fahrzeug zu monitoren und Abweichungen (durch ungewöhnliche Schwingungen wir Deformationen oder Ausfälle) zu erkennen und nach einer gewissen Laufzeit auch der Ursache zuzuordnen.

    Sollten Sie oder ein Kollege Interesse an mehr Informationen haben, melden Sie sich gerne unter matthias.klug@seal-able.com oder bei LinkedIn.

    VG Matthias Klug

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